28.4.2010
Französische Autobahnparkplätze sind oft durchaus akzeptable Übernachtungsplätze - weitläufig und gut vom Lärm abgeschirmt. Auch unser heutiger Platz hat eine ungestörte Nachtruhe ermöglicht. Heute wollen wir so schnell wie möglich runter von der Autobahn und dann gemütlich durch die Landschaft gondeln.
Auf unser erstes Ziel bin ich schon seit langer Zeit neugierig:
So viele Klöster habe ich schon besucht, die Ableger der Abtei von Cluny waren - jetzt
möchte ich doch wenigstens einmal das sehen, was vom einstmals größten Bauwerk
der Christenheit nach dessen Zerstörung durch die französische Revolution
noch übriggeblieben ist.
Wir sehen eine große Baustelle, die von einheitlich gekleideten Jugendlichen
bevölkert wird. Dazwischen immer wieder Handwerker und ganz selten einmal
eine Tafel, die auf einen Besichtigungsrundgang hinweist - wir geraten da fast
unabsichtlich hinein und gehen mit Leo an der Leine durch diesen historischen
Bau. Wir ernten zwar ein paar erstaunte Blicke, aber niemand regt sich auf -
irgendwie ist es das, was ich an Frankreich so mag: Vorschriften sind nicht
so wichtig, solange man sich vernünftig benimmt.
Von der alten riesigen Kirche steht nur mehr der Turm eines der beiden Querschiffe, von innen trotzdem beeindruckend. Mit Fotos wird versucht, die ehemalige Perspektive darzustellen und ein Modell steht verloren in einem Gang ... alles gehört zurzeit den Handwerkern. Was es mit den Schülern auf sich hat, sagt mir später eine Tafel mit dem Leitspruch: 'Von den Mönchen zu Ingenieuren'. Der große noch stehende Flügel des ehemaligen Klosters ist Teil einer großen Schule, die Säle werden vielfältig genutzt - offenbar auch für Freizeitveranstaltungen, wie einige phantasievolle Wandverkleidungen und ein großes Podium zeigen. Aber auch hier wird im Augenblick in erster Linie renoviert und restauriert.
Was bleibt, ist der Gesamteindruck einer Anlage, die heute noch erahnen läßt, welcher Prunk hier einmal herrschte. Wenn ich auch den Grund für die Zerstörung nicht wirklich kenne, kann ich mir doch gut vorstellen, dass dieser Widerspruch zwischen Theorie und Praxis der geistlichen Herren den französischen Revolutionären gar nicht gut gefallen hat ...
Wir fahren weiter und sehen zum Abschied noch ein Reit- und Springturnier unmittelbar vor den Stadtmauern. Wir fahren an unzähligen Wegweisern vorbei, die uns zu romanischen Kapellen oder Kirchen führen wollen - Cluny hat die Umgebung nachhaltig geprägt. Auch unsere nächste Station wurde durch die nahe Abtei beeinflusst: Wir sind in einer netten kleinen mittelalterlichen Stadt, St. Gengoux le National. Wir holen uns eine Broschüre aus dem kleinen Fremdenverkehrsbüro und machen uns auf den Weg, die Sehenswürdigkeiten zu erkunden: das Waschhaus, die Kirche, eine bemerkenswerte an der Aussenfassade sichtbare Wendeltreppe, ein seltener Vertreter burgundischen Fachwerkbaus - In erster Linie bleibt aber die Erinnerung an eine Kleinstadt, in der offenbar das Geld fehlt, um denkmalpflegerische Auflagen zu erfüllen. Arme Leute in ärmlichen Häusern mit abgeschlagenen Fassaden, die auf bessere Zeiten warten. Dabei könnte das ein wahres Schmuckkästchen sein - zurzeit dominieren aber in den Fenstern die Schilder 'zu verkaufen'.
Für die Nacht suchen wir heute einen ruhigen Platz abseits der Hauptverkehrswege. Die Stellplatzdatenbank führt uns Richtung Pesmes. Kurz bevor wir dort ankommen, verleitet uns aber eine Seitenstraße zum Abbiegen und wir finden einen netten kleinen Parkplatz an einer ruhigen Straße. Ein Tisch und eine Informationstafel komplettieren die gepflegte Grünfläche, die zu Ehren eines alten Granitkreuzes angelegt wurde. Wir befinden uns knapp vor der Ortstafel von Montmirey la Ville, GPS-Koordinaten sollte ich noch finden.
Gegenüber befindet sich der Eingang in einen schönen Schlosspark. Als ich mit Leo dorthingehe, steigt gerade die Parkwächterin aus einem Auto. Sie erzählt mir ein bisschen vom Schloss und lädt uns zu einem Spaziergang im Park ein. Ich hoffe auf eine Einladung und frage nach einer Parkmöglichkeit für die Nacht - vergebens, sie bezeichnet aber unseren Parkplatz als problemlos und sicher. Also bleiben wir und machen auch noch eine Runde durch den Park. Dabei stoßen wir auf eine eingezäunte Waldlichtung mit einer Stute und ihrem wenige Wochen alten Fohlen. Sie freut sich offensichtlich über die Abwechslung und läuft gleich zu uns, das Fohlen hinterher. Sissy ist ganz begeistert vom weichen Fell des jungen Tieres. Mit diesem netten Erlebnis klingt der Tag aus.